Dominic Wenger arbeitet als freischaffender Fotograf von Zürich aus. In den letzten Jahren hat er eigene Projekte realisiert, die ihn nach Rumänien, Amerika, Griechenland und Deutschland führten. Sein Bildstil lässt sich wie folgt beschreiben: grafisch sorgfältig komponierte intime und emotionale Momente. Wenn möglich, fotografiert er analog auf Mittelformatfilm.

Wir freuen uns, dass er letztes Jahr der vfg beigetreten ist.

1. Was war auf deiner ersten, bewusst gestalteten Fotografie zu sehen?

Das war ein Bild welches ich von Eisenbahnschienen gemacht habe. Ich stand auf einem Hügel und die Kurven der Schienen und die Stromleitungen kreuzten sich in einem Bestimmten Winkel. Das war aber schon vor längerer Zeit.

2. Welches deiner Projekte hat dich bisher am meisten bewegt?

Mein Projekt „Unter Männern“ über ein Obdachlosenheim für Männer im Zürcher Niederdorf, welche schwer Alkohol oder Drogenabhängig sind. Dafür habe ich während rund drei Monaten zig Stunden in diesem Heim verbracht. Mich haben die Lebensgeschichten dieser Männer sehr bewegt, denn viele von ihnen kommen von sehr gebildeten Bereichen.

3.Warum fotografierst du überhaupt und wie bist du dazu gekommen?

Fotografiert habe ich schon seit ich 12 Jahre alt bin. Damals habe ich mir meine erste Spiegelreflexkamera gekauft um YouTube Videos zu drehen. Nebst denn Videos habe ich dann auch hin und wieder Landschaftsbilder gemacht – Das hat aber nicht sonderlich Spass gemacht, noch war ich gut.

Zur Reportage Fotografie bin ich vor 5 Jahren gekommen, nachdem ich in der Grafik-Berufsschule im Fach Fotografie den Film War Photographer von James Nachtwey gesehen habe. Ich war so fasziniert und schockiert davon, dass ich wusste ich will das auch machen. Von diesem Moment an habe ich nur noch fotografiert.

4. Bist du in zehn Jahren noch Fotografin? Was wäre die Alternative?

Momentan kann ich mir nichts anderes vorstellen. Allerdings würde ich mich irgendwann gerne als Dokumentarfilmer versuchen. Die Zukunft wird es zeigen.

5. Wer sind deine Vorbilder?

Nan Goldin und der Filmemacher Wes Anderson. Nan Goldin für ihre sehr intimen und persönlichen Bilder und die Themen die sie behandelt. Wes Anderson für seine perfekten Kompositionen, die Symmetrien und dass er alles zentriert.

6. Wie hat die Fotografie deine Lebensumstände beeinflusst?

Meine Lebensweise hat sich definitiv stark verändert seit ich fotografiere. Für mich ist die Fotografie eine Leidenschaft, die nicht nur Freude, sondern auch „Leiden schafft“. Ich bin oft entmutigt und frustriert, trotzdem erfüllt es mich wie nichts anderes. Als Vater einer kleinen Tochter musste ich immer kämpfen, um zum Fotografieren zu kommen. Zum Beispiel habe ich meine ganzen Ferien für Projekte verwendet. Letzen Sommer habe ich deshalb meinen Job in der Werbung gekündigt und setze seither voll auf die Karte Fotografie.

7. Talent ist wichtiger als Technik. Wie siehst du das?

Fleiss und Leidenschaft bringt einen immer weiter als nur Talent. Allerdings ist Talent meiner Meinung nach wichtiger als Technik. Viele wichtige und berühmte Bilder der Geschichte sind ‚out of Focus‘ oder einfach technisch nicht perfekt. Deswegen sind sie nicht schlechter, im Gegenteil!

8. Erläutere deine Arbeitsweise und beschreibe einen typischen Arbeitstag!

In meiner Ausbildung zum Grafiker wurde mir das Denken in Formen und Linien und das Gestalten von Leerraum regelrecht eingeprügelt. Das habe ich beibehalten. Meine Bilder sind sehr bewusst gestaltet, ich liebe das Arbeiten mit Formen und Linien.

Für meine eigenen Arbeiten benutze ich fast ausschliesslich eine analoge Mittelformat Kamera. Ich liebe das 6×7 Format und der ganze Prozess der mitkommt.

Mein typischer Arbeitstag ist entweder in meinem Büro/WG-Zimmer oder unterwegs, um für einen Kunden zu fotografieren.

9. Wen würdest du in Zukunft gerne einmal fotografieren?

Auch wenn er leider nicht mehr lebt, aber ich würde Johnny Cash wahnsinnig gern fotografieren. Ich bin total fasziniert von diesem Menschen.

10. «Die Blende einer Kamera und die Pupille sind nicht dazu da, Informationen hereinzulassen, sondern dazu, welche auszublenden.» Was ist deine Meinung zu diesem Zitat?

Technisch gesehen sind Blende und Pupille genau zu diesem Zweck da 😉

11. Für wen würdest du gerne fotografieren?

Könnte ich gar nicht genau sagen.

12. Von wem würdest du dich gerne mal fotografieren lassen?

Von Peter Lindbergh.

«hie und zrugg»

Die drei Senioren Roland mein Grossvater, Peter und Martin könnten unterschiedlicher nicht sein, fahren aber konsequent seit 30 Jahren mehrmals im Jahr zusammen nach Rumänien, um dort Hilfsgüter zu verteilen. Im Jahr 2019 durfte ich sie auf einer dieser Reisen begleiten und diese dokumentieren, wobei ich viele lustige, skurrile und teils auch überwältigende Situationen miterlebte. Das Projekt zeigt die drei Männer, wie sie die Reise bewältigen und gibt Eindrücke Rumäniens, ein Land, welches wunderschön und zugleich betrüblich ist.