In den letzten Tagen herrschte grosse Verunsicherung betreffend Fotostudios: Muss ich es schliessen oder darf es weiterhin geöffnet bleiben? Brauche ich ein Schutzkonzept? Daniel Zihlmann hat für den Schweizer Berufsfotografen und Filmgestalter SBF recherchiert. Er hat dem Bundesamt für Gesundheit BAG konkrete Fragen zur aktuellen Situation der Studio-FotografInnen gestellt. Hier sein (leicht gekürzter) Artikel.
Folgende Informationen hast du vielleicht schon irgendwo gepostet gesehen. Sie stammen aus der Abteilung Recht des BAG und sind somit verbindlich:
BAG: Fotostudios sind, was die öffentliche Zugänglichkeit des Betriebes anbelangt, vergleichbar mit den in Art. 6 Abs. 3 Bst. p der COVID-19-Verordnung 2 exemplarisch aufgezählten Dienstleistungen, wo in der Regel jeweils auf Voranmeldung ein Termin wahrgenommen wird und fallen damit unter Art. 6 Abs. 2 der COVID-19-Verordnung 2. Die Dienstleistungen mit Körperkontakt (bspw. frisieren, schminken) stellen jedoch nur einen Nebenpunkt zur eigentlichen Tätigkeit, dem Fotografieren dar.
Fotostudios fallen daher nicht unter die Betriebe mit personenbezogenen Dienstleistungen mit Körperkontakt nach Art. 6 Abs. 3 Bst. p der COVID-19-Verordnung 2 und müssen deshalb vorläufig für Kundinnen und Kunden geschlossen bleiben. Erlaubt sind lediglich Tätigkeiten, bei denen keine weiteren Personen das Fotostudio betreten müssen (bspw. Objektfotografie für Kataloge).
Aus diesen Aussagen ergeben sich diverse Folgefragen für die Arbeit der FotografInnen. Diese beantwortet die Abteilung Recht des BAG auf Nachfrage des SBF untenstehend. Vorgängig weist das BAG jedoch auf Folgendes hin:
BAG: Uns ist bewusst, dass die politischen Entscheide des Bundesrates aus einer spezifischen Perspektive nicht einfach nachvollziehbar sind und im Einzelfall gar willkürlich erscheinen können. Vielleicht können Sie nachvollziehen, dass nach dem «Teil-Lockdown» nun eine etappenweise Öffnung erforderlich ist, dass also der Bundesrat die Wirtschaft nach und nach wieder hochfahren muss und damit gewisse – im Einzelfall möglicherweise als ungerecht empfundene – politische Entscheidungen zu treffen hat.
Ziel ist es insbesondere, ein erhöhtes Mobilitätsaufkommen an Personen und damit ein erhöhtes Übertragungsrisiko zu verhindern. Im Wesentlichen ist diese Überlegung einer der Gründe für die beschlossene Eingrenzung der Betriebe bzw. Dienstleistungen, die gleichzeitig öffnen können. Fotostudios werden gemäss Bundesratsbeschluss vom 29.4.2020 ab 11.5.2020 wieder öffnen können. Allerdings müssen sie nach Art. 6a der COVID-19 2 Verordnung über ein Schutzkonzept verfügen.
Unsere unten [kursiv] eingefügten Antworten sind immer in Zusammenhang mit den einleitend gemachten Ausführungen zu sehen.
1. Wird unterschieden zwischen Fotostudios, welche über einen öffentlich zugänglichen Bereich (Ladengeschäft, Verkaufslokal o.ä.) verfügen und „nicht-öffentlichen“ Fotostudios mit nur einem Shooting-Bereich und einem Büroarbeitsplatz für die Bildbearbeitung?
BAG: Ja. Siehe Antwort zu Frage 2.
2. Sind Fotostudios als geschlossen zu betrachten oder dürfen darin nur keine Aufnahmen mit Menschen mehr gemacht werden?
BAG: Fotostudios dürfen weiter betrieben werden, wenn sie über keine Ladenfläche verfügen und Kundenkontakt verhindert wird.
3. Wenn im Studio z.B. Objektfotografie für Kataloge erstellt wird, dürfen weitere Personen anwesend sein (Kunde, Assistent, Bildbearbeiter) oder nur der Fotograf alleine? Falls ja wieviele? Und unter welchen Bedingungen (Hygienemassnahmen, Schutzkonzept, Masken)?
BAG: Der Kunde darf nicht anwesend sein. Mitarbeitende dürfen anwesend sein.
4. Wenn im Fotostudio keine Menschen mehr fotografiert werden dürfen, gilt damit das gesamte Unternehmen des Fotografen als durch Anordnung des Bundesrates geschlossen? Die Arbeit eines Fotografen kann sich z.B. zusammensetzen aus 20% People-Fotografie im Studio, 40% People-Fotografie on location, 10% Architektur-Fotografie und 30% Produkt-Fotografie.
BAG: Wie in unserem letzten E-Mail dargelegt, besteht selbstverständlich kein Berufsverbot. Das heisst: Produkt-Fotografie ist möglich.
5. Was bedeutet die Antwort auf Frage 4 für die Beurteilung der Frage der direkten oder indirekten Betroffenheit von selbständigen Fotografinnen und Fotografen? Gelten selbständige Fotografen generell als direkt betroffene Selbständige? Oder muss diese Frage individuell in jedem konkreten Fall abgeklärt werden? Und von wem?
BAG: Diese Frage muss individuell abgeklärt werden. Die AHV-Ausgleichskassen verfügen über die notwendigen Informationen.
Anmerkung vfg:
- Alle Selbständigen mit einem AHV-pflichtigen Erwerbseinkommen zwischen 10‘000 und 90‘000 Franken erhalten Zugang zu Ergänzungsleistungen via der Erwerbsersatzordnung (EO).
- Wer wegen der Corona-Massnahmen Umsatzeinbussen aufzeigen kann, kann rückwirkend ab dem 17. März ein Taggeld (abhängig vom AHV-pflichtigen Erwerbseinkommen) von maximal 196.-Fr. pro Tag über die EO beantragen.
- Die Massnahmen gelten vorerst für zwei Monate.
6. Benötigen nur Fotografen, die Menschen fotografieren oder im Team arbeiten oder im Fotostudio arbeiten ein Schutzkonzept? Oder muss jeder Fotograf ein Schutzkonzept erstellen?
BAG: Schutzkonzepte dienen grundsätzlich zwei Aspekten: Dem Arbeitnehmerschutz und dem Schutz der Öffentlichkeit. Wenn ein Fotograf nur allein unterwegs ist und nur Objektfotografie macht, ist davon auszugehen, dass ein Schutzkonzept nicht erforderlich ist. Sobald aber im Rahmen der beruflichen Tätigkeit ein Kontakt zu anderen Menschen besteht, wird ein Schutzkonzept erforderlich sein.
Falls du weitere rechtliche Fragen zu deiner konkreten Situation, deinem Unternehmen oder zu deiner Arbeit als Fotografin oder Fotograf hast, wende dich damit bitte direkt an die Abteilung Recht des BAG. Diese kann dir kompetent und rechtsverbindlich Auskunft erteilen:
Die COVID-19-Verordnung 2 des Bundesrates wird laufend überarbeitet und angepasst. Die aktuelle Version (und alle früheren Versionen) findest du hier:
https://www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/20200744/index.html