
Akosua Viktoria Adu-Sanyah wollte an der Hochschule der Bildenden Künste Saar Malerei studieren. Doch es kam anders. Sie schloss in Media Art and Design, malt heute mit ihrer analogen Kamera und ist unser neustes vfg-Mitglied. Wir freuen uns.
1. Was war auf deiner ersten, bewusst gestalteten Fotografie zu sehen?
Vermutlich ein Pferd. Möglicherweise aber auch ein Kontrabass. Es könnte aber auch eine tote Heuschrecke gewesen sein, die in einem Eiswürfel eingefroren ist und durch das Schmelzen langsam zum Vorschein kommt.
2. Welches deiner Projekte hat dich bisher am meisten bewegt?
„révélée“ – Fotografie im nächtlichen Aussenraum, begonnen 2015 und noch nicht abgeschlossen. Ändert sich die Bedeutung dessen, was wir tun, durch die Abwesenheit von anderen? Es geht um Identität, Publikumslosigkeit, Angst und die Intensität von Zeit. Es geht auch um Dunkelheit und ihre Körperlichkeit.
3.Warum fotografierst du überhaupt und wie bist du dazu gekommen?
Ich habe mich damals mit Malerei an der Kunsthochschule beworben, weil ich Farben und Terpentin liebte, immer schon malte und riesige Leinwände baute. Als mein Kunststudium dann begann, verlor ich beinahe von einem auf den anderen Tag den Mut. All diese für mich damals sehr fremdartigen und verurteilenden Gespräche über Kunst und Nicht-Kunst verursachten in mir das Gefühl, nun jeden Strich rechtfertigen zu müssen. Plötzlich musste alles Sinn ergeben und eine artikulierbare Intention haben. Im Nachhinein nun, Jahre später ist mir klar, wie vieles davon eine Farce ist…aus Unsicherheit und Geltungsnotwendigkeit entstanden…bloss damals veränderte es viel in mir. Ich flüchtete mich dann in andere Medien und schliesslich wurde es die analoge Fotografie. Weil ich keine Ahnung von Fotografie hatte, konnte ich mich erst einmal mit den Grundlagen auseinandersetzen, ohne den Druck zu verspüren, nun so etwas wie Kunst machen zu müssen. Die Arbeit mit Chemie, Papier und Film, die Zeitlichkeit und die Haptik waren alles Qualitäten, die mich fesselten und die ich als sehr malerisch empfand. Und das ist auch heute noch so.


4. Bist du in zehn Jahren noch Fotografin? Was wäre die Alternative?
Ja, denke ich schon. Zehn Jahre sind eine Zeit, die man sich schon geben sollte, um etwas Nachhaltiges aufzubauen. Habe ja noch keine zehn Jahre professioneller Tätigkeit hinter mir. Aber das sage ich jetzt so…ich sehe gerade jedenfalls keine Alternative für mich, die weniger Herzblut und Herausforderungsfreude verlangen würde.
5. Wer sind deine Vorbilder?
Wenn ich so etwas wie Vorbilder habe, dann sind sie nicht berühmt und auch nicht mit Fotografie verbunden. Es sind dann Menschen, die ich dafür bewundere, mit welcher Kraft und Würde sie die schwierigsten Umstände überleben und gar zu nutzen wissen. Wenn es um Menschen geht, deren Arbeit mich inspiriert hat, ist die Liste wiederum lang. Walead Beshty, Taryn Simon, Gillian Wearing, …
6. Wie hat die Fotografie deine Lebensumstände beeinflusst?
Mein Kühlschrank begrüsst mich morgendlich mit Kodak und Ilford. Das ist ein wunderschöner Lebensumstand.

7. Talent ist wichtiger als Technik. Wie siehst du das?
Naja…wichtiger für wen? Je umfangreicher die technischen Eigenheiten eines Mediums sind, desto ausschlaggebender sind sie auch für das Endresultat. Je mehr ich mich auf technisches Verständnis einlasse, desto mehr Möglichkeiten an Resultaten habe ich. Am wichtigsten finde ich, dass man eine Liebe zu dem hat, was man tut. Und wieviel Talent man im traditionellen Sinne hat, kann ja niemand entscheiden. Ein klassischer Technikfreak bin ich jedenfalls gar nicht.
8. Erläutere deine Arbeitsweise und beschreibe einen typischen Arbeitstag!
Oh! Ich wünschte, ich hätte ab und zu so etwas wie einen typischen Arbeitstag. Meine Arbeitsweise zu beschreiben, ist etwas einfacher: ich fotografiere auf Film, meist Mittelformat, manchmal Kleinbild. Die Filme entwickle ich zuhause, wobei ich mehr mit Farbe als Schwarzweiss arbeite. Dann scanne ich die Filme. Seit kurzem habe ich wieder Zugang zu einer Farbdunkelkammer, wo ich dann Abzüge von meinen Arbeiten produziere.
9. Wen würdest du in Zukunft gerne einmal fotografieren?
Einen werdenden Astronauten. Oder Moses Sumney.

10. «Die Blende einer Kamera und die Pupille sind nicht dazu da, Informationen hereinzulassen, sondern dazu, welche auszublenden.» Was ist deine Meinung zu diesem Zitat?
Ich denke, sie sind durchaus zu beidem da…in gleichem Masse.
„Wenn es nur eine Wahrheit gäbe, könnte man nicht hundert Bilder über dasselbe Thema malen.“ (P. Picasso)
11. Für wen würdest du gerne fotografieren?
Für die FEI (Fédération Équestre Internationale).
12. Von wem würdest du dich gerne mal fotografieren lassen?
Von jemandem, bei dem ich es schaffe, mich wohl dabei zu fühlen.

„révélée“
Erlebnisse im nächtlichen Aussenraum auf Film. Waldränder und andere natürliche Umgebungen werden mittels Langzeitbelichtung und reduzierten performativen Eingriffen Teil einer surrealen Bildwelt.
Diese Fotos bringen wirklich etwas Neues in die Welt. Kein Auge könnte je soetwas sehen, aber man kann es empfinden, mit einer Art innerem Auge, was hier nur durch eine bestimmte Art der Belichtung Bild geworden ist. Eine Bildwirklichkeit parallel zur Natur. Sehr schön!
Und was das Interview betrifft: Eine sehr kluge, selbstbewusste Antwort auf die fast suggestive Frage nach dem Ausblenden von Informationen: es gibt für den Künstler nicht nur die eine Sichtweise, die eine Wahrheit.
Vielleicht im Augenblick der Produktion, aber im nachsen Augenblick schon nicht mehr.