Heute tritt das neue Urheberrechtsgesetz in Kraft. In der Arbeitsgruppe Lichtbildschutz haben vfg, SBF, USPP, SAB, impressum und Syndicom sieben Jahre gemeinsam dafür gekämpft, dass Fotos rechtlich besser geschützt werden. vfg mitglied Simon von Gunten hat mit Christoph Schütz, dem Leiter der AG, darüber gesprochen, was sich ändert.
Eingangs kurz zur Einordnung: Was wurde kritisiert am bisherigen Urheberrechtsgesetz und was wird sich ab Anfang April 2020 für uns Fotografen ändern?
Bisher genossen Fotos in der Schweiz den Schutz als Kunstwerk, jedoch nur, wenn sie „individuell gestaltet“ waren. Dieser Begriff lässt sehr viel Interpretationsspielraum zu und kann eigentlich selten objektiv beurteilt werden. Dies führte vor den Gerichten zu zahlreichen Fällen, in welchen Fotos von Berufsfotografen der Werkschutz abgesprochen wurde, weil sie zu banal seien. Damit blieben sie völlig ungeschützt. Neu geniessen nun alle Fotos Werkschutz, ausser Reproduktionen von „nicht-dreidimensionalen“ Objekten, also z.B. Fotokopien.
Es wurde also der Werkschutz erweitert, und nicht wie in anderen europäischen Ländern ein Lichtbildschutz eingeführt. Was ist der Unterschied?
Der Lichtbildschutz ist ein Leistungsschutz, welcher die Arbeit des Fotografen grundsätzlich schützt. Es ist jedoch zum Beispiel erlaubt, dasselbe Sujet selber noch einmal auf dieselbe Art und Weise fotografieren zu gehen. Das ist beim Werkschutz anders, Nachahmung ist nicht erlaubt. Wir von der Arbeitsgruppe hätten eigentlich einen Lichtbildschutz bevorzugt, sind aber froh, dass sich überhaupt etwas getan hat.
Wie kommt die Änderung den Fotografinnen und Fotografen zugute?
Sie schafft vor allem Klarheit. Bisher haben die Fotografinnen und Fotografen stets darauf hingewiesen, dass alle ihre Fotografien urheberrechtlich geschützt seien, nur war das leider nicht wahr und für etliche von ihnen war es eine schmerzliche Erfahrung feststellen zu müssen, dass das Resultat ihrer Arbeit ohne Erlaubnis von irgendjemandem für jeden beliebigen Zweck genutzt werden durfte. Damit es nun vorbei, jede Fotografie ist geschützt. Entsprechend einfacher wird für Fotografinnen und Fotografen auch die Durchsetzung von Ansprüchen sein, wenn Bilder unerlaubt genutzt werden.
Wer ist dafür zuständig, dass der Schutz auch wirklich durchgesetzt wird? Wer legt fest, wie viel Entschädigung für eine Aufnahme zu entrichten ist?
Dafür sind die Gerichte zuständig, im Streitfall legen diese auch fest, wieviel für eine Nutzung geschuldet ist, sie richten sich dabei nach den branchenüblichen Tarifen, z.B. den Honorarempfehlungen der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft der Bild-Agenturen und –Archive (SAB).
Heute geschieht die Vervielfältigung von Fotos sehr schnell: Fotos werden in sozialen Medien auf Knopfdruck im eigenen Profil geteilt, die Inhalte kommen teilweise von Portalen, welche sie ebenfalls schon kopiert haben. Inwiefern hilft das neue Gesetz in solchen Fällen?
Das neue Gesetz bietet eine solidere Grundlage für Streitfälle. Natürlich löst es nicht alle Probleme, aber wir als Fotografen sind einen entscheidenden Schritt weiter. Bezüglich sozialen Medien gilt zu bedenken, dass man mit Inhalten, welche man hochlädt, meistens auch Nutzungsrechte abtritt, zumeist mindestens an die Betreiber der Plattform. Für die eigene Nutzung gilt: Man sollte auch bei Bildern, die im Internet angeboten werden, immer davon ausgehen, dass sie urheberrechtlich geschützt sind. Oft können Fotografien jedoch für bestimmte Zwecke gratis genutzt werden. Wer sicher sein will, nicht plötzlich doch eine Rechnung zu erhalten, kommt nicht darum herum entweder das „Kleingedruckte“ gut zu lesen und im Zweifelsfall beim Anbieter das Einverständnis für eine Gratisnutzung einzuholen.
Wie verhält sich der Schutz bei Bildern, welche mit Photoshop stark bearbeitet oder sogar „konstruiert“ werden?
Da gerade diese Konstruktionen ja oft einen erhöhten Grad an Individualität aufweisen, werden sie meistens sowieso als Werke anerkannt und geniessen so einen Schutz bis 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers.
Viele Fotografen betätigen sich heute auch im bewegten Bild. Wie sieht der Urheberrechtsschutz bei Filmen aus?
Filme sind ebenfalls bis 70 Jahre nach dem Tod geschützt, sofern sie individuell gestaltet sind. Ich kenne keinen Fall, wo einem Film der Urheberrechtsschutz abgesprochen worden wäre. Bezüglich Bildern und Filmen von Webcams gibt es aus der Schweiz meines Wissens keine Urteile, aber dank der neuen Regelung sind Bilder von Webcams auch geschützt, als Urheber gilt der Betreiber der Webcam.
Was war deine persönliche Motivation, sich derart lange und hartnäckig für das Projekt Lichtbildschutz einzusetzen?
Mein Interesse an der Thematik entflammte eigentlich an einem Medienrechtstag der Uni Fribourg, an welchem zwei dieser umstrittenen Gerichtsurteile vorgestellt wurden. Ich fand die Urteilsbegründungen haarsträubend. So begann ich, mich in die Thematik einzulesen und publizierte anschliessend mehrere Artikel in Fachmagazinen. Durch diese Sichtbarkeit wurde ich dann in die Expertengruppe für die Urheberrechtsrevision von 2006 eingeladen. Diese verstrich jedoch, ohne dass wir eine Änderung erwirken konnten. Und so nahm die Geschichte seinen Lauf, ich hätte auch nie gedacht, dass dann ab 2013 mit der neuen Revision nochmals 7 Jahre hinzukommen würden.
Weitergehende Informationen zur Thematik Urheberrecht in der Schweiz finden sich auf folgender Seite: unikator.org/projekte_d_URG.html
Interview: Simon Von Gunten
Beitragsfoto: Daniel Rihs / 13 Photo