Mara Truog arbeitet seit 2002 als freischaffende Fotografin. Vorher bildete sie sich am Chelsea College in London aus ­(Diplom Foundation Course in Art & Design) und studierte danach Fotografie an der Zürcher Hochschule der Künste ZHDK (Diplom für Bildende Kunst). Sie ist auf Reportagen und Portraits spezialisiert. Wir freuen uns, dass sie dieses Jahr der vfg beigetreten ist.

1. Was war auf deiner ersten, bewusst gestalteten Fotografie zu sehen?

Mein Bruder mit Gartenschlauch. Mit ihm habe ich vieles ausprobiert, ob inszeniert oder einfach nur inmitten eines Schrebergartens.

2. Welches deiner Projekte hat dich bisher am meisten bewegt?

Mein neustes Projekt mit dem Arbeitstitel “Dementia”, für das ich Menschen mit Demenz porträtiere. Die Menschen, die ich dabei kennenlerne, berühren mich zutiefst mit ihrer Schönheit und Ruhe.

3.Warum fotografierst du überhaupt und wie bist du dazu gekommen?

Fotografie gibt mir einen Grund, neue Welten zu entdecken und Menschen zu begegnen.

4. Bist du in zehn Jahren noch Fotografin? Was wäre die Alternative?

Ha! Ja! Fotografie wird mich mein Leben lang begleiten, in welcher Form auch immer. Gleichwohl beschäftigen mich im Moment Fragen, welche die neuen technischen Möglichkeiten mit sich bringen. Inwiefern unterscheidet sich ein Profifotograf vom Amateur? Oder: Wo sind meine Bilder auf der richtigen Plattform mit der adäquaten Wertschätzung? Die Verbreitung von Bildern durch das Internet und die sozialen Medien verändern die Fotografie und das Berufsbild der Fotograf/innen gerade stark.

5. Wer sind deine Vorbilder?

Menschen, die ihrer Neugier nachgehen und sich selbst treu bleiben.

6. Wie hat die Fotografie deine Lebensumstände beeinflusst?

Ständig mit allem und nichts rechnen!

7. Talent ist wichtiger als Technik. Wie siehst du das?

Technik ist nicht unwichtig, aber Herzblut ist wichtiger.

8. Erläutere deine Arbeitsweise und beschreibe einen typischen Arbeitstag!

Ich brauche eine abgesteckte Spielwiese auf der ich intuitiv funktionieren kann.

9. Wen würdest du in Zukunft gerne einmal fotografieren?

Mich reizen Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen. Es ist eine Herausforderung, sie in einem bisher unbekannten Licht einzufangen. Am liebsten fotografiere ich sie in ihrem Leben abseits der Öffentlichkeit.

10. «Die Blende einer Kamera und die Pupille sind nicht dazu da, Informationen hereinzulassen, sondern dazu, welche auszublenden.» Was ist deine Meinung zu diesem Zitat?

Fotografie ist nie objektiv. Interessanter ist die Frage: wie objektiv kann sie überhaupt sein?

11. Für wen würdest du gerne fotografieren?

Ich fotografiere für jeden und jede gern. Besonders dann, wenn ich die Leidenschaft anderer einfangen kann. Arbeite ich frei, dann fotografiere ich am liebsten die Gesichter älterer Menschen, um ihnen zu zeigen, wie schön sie sind, und um ihre Enkel und Urenkel daran zu erinnern.

12. Von wem würdest du dich gerne mal fotografieren lassen?

Pari Dukovic.

Dementia

Work in Progress

Das Thema Alter begleitet mich schon lange und ist für mich noch längst nicht abgeschlossen. Demenz als eine der grossen Herausforderungen für unsere Gesellschaft, steht im Fokus meiner aktuellen Arbeit.

Angefangen habe ich meine Auseinandersetzung mit dem Thema Alter, nach einem längeren Auslandaufenthalt. Da meine Grosseltern selbst früh verstorben sind, wurde mir erst in Spanien bewusst, dass mir der Austausch mit dieser Generation hier fehlt. Aufgrund anderer sozialer Verhältnisse und den kulturellen Unterschieden, findet in Spanien die ältere Generation im öffentlichen und privaten Bereich mehr Aufmerksamkeit als bei uns. Sie sind sichtbarer.

Demenz, Zerfall, die Erinnerungen, die schwinden, der Wunsch der Angehörigen, diese nicht verschwinden zu lassen. Die Gehirnstrukturen, die sich auflösen, die Verbindungen, die sich trennen – und dann das Medium Fotografie: Bilder, die erinnert werden sollen, Bilder die Erinnerungen wecken sollen und neue Erinnerungen festhalten. Was passiert, wenn man sich selber nicht mehr erkennt?

Ich möchte eine Brücke schlagen zwischen Wissenschaft, Kunst/Fotografie und neuen Medien/Techniken.

Die Fotografie als Abdruck der Realität ist ein Tabu im Bereich des Zerfalls des Menschen. Per se hat jemand mit schwerer Demenzerkrankung kein unwürdiges Leben. Es ist viel mehr der Blick des Gesunden der dies macht. Diese Gratwanderung will ich ausloten und ist Gegenstand meiner Arbeit.