Vor einigen Jahren standen die meist monströsen digitalen Spiegelreflexkameras noch für absolute Professionalität der Fotografie. Das lag nicht nur am hohen Preis, auch die Bedienung war für Normalkunden schlichtweg zu anspruchsvoll. Die Automatikfunktionen waren oftmals unausgereift, der Benutzer musste sich zwangsläufig mit Blende, Verschlusszeit und ISO-Zahl befassen.
Bestimmt kennt jeder die Touristen, welche bei grellem Sonnenlicht fotografieren und bei jeder Aufnahme klappt der interne Blitz auf, welcher dann mürrisch nach unten gepresst wird.
Das digitale Zeitalter hat den Markt für professionelle Fotografie aufgerüttelt. Inzwischen sind Spiegelreflexkameras zu erschwinglichen Preisen erhältlich. Doch nicht nur das: Sie stehen kurz vor dem aus. Die Technologie von digitalen Suchern hat sich in den letzten paar Monaten rasant gesteigert. Der Sucher der Leica Q etwa verfügt über drei Millionen Pixel, die Reaktionszeit unterscheidet sich kaum mehr von der dem Blick durch einen optischen Sucher einer Spiegelreflexkamera.
Dazu kommt, dass sich die Technologie von Sensoren fortlaufend überbieten.
Die Sony Alpha 7 R II etwa besitzt einen 42 Megapixel Sensor, welcher weitaus höhere Bildqualität liefert als manche Spiegelreflexkamera, und das selbst in hohem ISO-Bereich. Ein elektronischer Sucher hat den Vorteil, dass der Benutzer das endgültige Bild bereits angezeigt bekommt und jede Veränderung von Verschlusszeit oder Blende erkennen kann. Es ist somit viel leichter zu sehen, ob ein Objekt etwa durch Gegenlicht unterbelichtet ist. Zudem kann man den Sucher auch dazu nutzen, um die geschossenen Bilder anzusehen. Dies ist insbesondere nützlich bei grellem Sonnenlicht, bei dem man auf dem Kameradisplay kaum mehr etwas erkennt.
Doch das sind bloss die technischen Feinheiten. Das Gewicht und die Grösse der spiegellosen Kameras ist deutlich geringer, die Objektive oft einiges billiger, etwas beim Hersteller Fujifilm. Dieser arbeitet zwar mit APS-C Sensoren, welche kleiner sind als Vollformat, jedoch spielt die Sensorgrösse im Zeitalter der heutigen Technologie nur noch eine kleine Rolle.
Das Leica Messsucher System, welches bislang durch fehlenden Spiegel und Autofokus in den Objektiven dadurch trumpfte, dass es besonders klein ist, bleibt nun erst recht bloss noch für Liebhaber eine Alternative der professionellen Fotografie.
Als ich bei meiner Zeitung in der Bildredaktion eines Tages mit meinem Fujifilm-System auftauchte, blickten mich die Leute schräg an und fragten, ob es mir nicht gut gehe. Die meisten Menschen, welche ich fotografierten waren jedoch begeistert von der kompakten Technologie. Durch den wegfallenden Spiegel gibt es zusätzlich bei den meisten Systemkameras einen elektronischer Auslöser, welcher vollkommen lautlos arbeitet, was insbesondere bei Interviews nützlich ist.
Der einzige Trumpf einer Spiegelreflexkamera ist das schnelle Autofokussystem. Insbesondere bei Sport kann eine Systemkamera schlichtweg nicht mithalten.
Vor einigen Monaten kündigte Hasselblad die erste spiegellose Mittelformatkamera an, vor kurzem folgte Fujifilm mit einem ähnlichen System. Die Grösse des Kameragehäuses? Immer noch kleiner als das einer Spiegelreflexkamera. Dafür gibt es satte 50 Megapixel und eine völlig neues Bildformat, welches bisher immer mit hohen Preisen und umständlicher Technologien ausgestattet war.
In spätestens 10 Jahren wird man sich mit einem Lächeln an das System der Spiegelreflexkameras zurückerinnern. Womöglich werden dann Sonderlinge und Enthusiasten das System noch nutzen mit der Behauptung, es würde der wahren Fotografie entsprechen, wie etwa der Vergleich von Analog und Digital. Allerdings ist es auch denkbar, dass es die Fotografie, so wie
wir sie kennen gar nicht mehr gibt.
Super Artikel
Auch ich bin von der Spiegelreflex auf das Fujifilm X-System umgestiegen und bin sehr zufrieden damit.